12  Leitfähigkeit

Wir untersuchen den Mechanismus der elektrischen Leitfähigkeit in schwach ionisierten Gasen.

Folgende Annahmen werden getroffen:

Wir gehen zunächst von einem Ensemble von Einzelteilchen aus und betrachten wie üblich die Bewegungsgleichung. Enthält das Gas Ionen der Ladung \(q=+e\) und Elektronen der Ladung \(q=-e\), ergibt sich die elektrische Stromdichte zu

\[ \mathbf j = (n_i \mathbf v_i - n_e \mathbf v_e) e. \]

Die Ströme werden durch elektrische Felder hervorgerufen, und es gilt das Ohmsche Gesetz \(\mathbf j = \sigma \mathbf E\).

Unabhängig von der Richtung der Anfangsgeschwindigkeit wird sich die Bewegungsrichtung bei Abwesenheit von Magnetfeldern an die elektrische Feldrichtung angleichen.

12.1 Kollisionen

Die Teilchengeschwindigkeiten sind abhängig von ihrer Richtung zum Magnetfeld, deshalb wird die elektrische Leitfähigkeit bei Anwesenheit eines Magnetfeldes anisotrop.

Ein elektrisches Feld parallel zum Magnetfeld ergibt sich für ein Teilchen die konstante Beschleunigung \(q \mathbf E / m\).

Bei Anwesenheit vieler Teilchen wird Bewegung des Einzelteilchens durch Stöße gebremst. Es stellt sich mittlere Geschwindigkeit ein.

Das Teilchen verliert bei jedem Stoß die durch das elektrische Feld erlangte Geschwindigkeit, kommt also zum Stillstand. Die Zeit zwischen zwei aufeinanderfolgenden Stößen sei \(\tau\).

Unter der (unrealistischen) Annahme einer konstanten Stoßzeit \(\tau_1\) erhalten wir für die mittlere Geschwindigkeit

\[ \overline{\mathbf v}_1 = \frac{1}{\tau_1}\int\limits_0^{\tau_1} \frac{q \mathbf E_\|}{m} t \,\mathrm d t = \frac{1}{2} \frac{q \mathbf E_\|}{m} \tau_1 \]

Für eine weitere Stoßzeit \(\tau_2\) erhalten wir \(\overline{\mathbf v}_2 = \frac{1}{2} \frac{q \mathbf E_\|}{m} \tau_2\) .

Die mittlere Stoßzeit ist \(\overline\tau = (\tau_1 + \tau_2) / 2\).

Die mittlere Geschwindigkeit beträgt

\[ \overline{\mathbf v}_{1,2} = \frac{\tau_1 \overline{\mathbf v}_1 + \tau_2 \overline{\mathbf v}_2}{\tau_1 + \tau_2} = \underbrace{\frac{1}{2}}_{p(\tau_1)} \frac{\tau_1}{\overline \tau}\overline{\mathbf v}_1 + \underbrace{\frac{1}{2}}_{p(\tau_2)} \frac{\tau_2}{\overline \tau}\overline{\mathbf v}_2 \]

Die Faktoren \(1/2\) entsprechen der Wahrscheinlichkeit, ob im entsprechenden Zeitintervall ein Stoß erfolgt oder nicht. Die 50/50-Chance für beliebige \(\tau\) ist eher unrealistisch.

Die Stoßzeiten sind nicht konstant, sondern statistisch verteilt.

Wir können die mittlere Geschwindigkeit aus einer Wahrscheinlichkeitsverteilung ableiten:

\[ \overline{\mathbf v} = \int\limits_0^\infty p(\tau) \frac{\tau}{\overline \tau} \frac{1}{2}\frac{q \mathbf E}{m} \tau \, \mathrm d\tau \]

Mit der Annahme, dass die Zeit bis zur nächsten Kollision nicht von in der Vergangenheit erfolgten Stößen abhängt, kann man eine Exponentialverteilung ansetzen.

Die Wahrscheinlichkeit \(p(\tau)\), dass die Stoßzeit im Intervall \((\tau, \tau + \mathrm d\tau)\) liegt, betrage

\[ p(\tau) = \frac{1}{\overline\tau} e^{- \tau / \overline\tau}. \]

Diese Wahrscheinlichkeitsverteilung hat einen Mittelwert und eine mittlere quadratische Abweichung von \(\overline\tau\).

Damit erhält man als mittlere Geschwindigkeit eines Einzelteilchens

\[ \overline{\mathbf v} = \frac{1}{\overline\tau}\int\limits_0^\infty \left \{ \int\limits_0^\tau \frac{q \mathbf E_\|}{m} t \,\mathrm dt \right\} p(\tau) \mathrm d \tau = \frac{q \mathbf E_\|}{m} \overline\tau. \]

Für den Fall, dass die mittlere Geschwindigkeit repräsentativ für alle geladenen Teilchen des betrachteten Typs ist, benötigen wir nur die Teilchenzahldichten \(n_i\) und \(n_e\) zur Bestimmung der Stromdichte.

12.2 Plasmaleitfähigkeit

Wir starten mit der starken Vereinfachung, dass sich nur die Elektronen bewegen. Alle Kollisionspartner sind in Ruhe.

\[ m \frac{ \partial \mathbf{v} }{ \partial t } = q (\mathbf{E} + \mathbf{v} \times \mathbf{B}) - m \nu_{c} (\mathbf{v} - \mathbf{u}) \] \(\nu_{c}\): Kollisionsfrequenz \(\mathbf{u}\): Geschwindigkeit der Kollisionspartner \(\mathbf{v}\): Geschwindigkeit des geladenen Teilchens

12.2.1 \(\mathbf{B} = \mathbf{0}\), \(\mathbf{u}=\mathbf{0}\)

Elektronen mit \(\mathbf{v}_{e}\), Ionen und Neutralgas in Ruhe \[ \mathbf{E} = - \frac{m_{e} \nu_{c}}{e} \mathbf{v}_{e} \] Stromdichte: \[ \mathbf{j} = -e n_{e} \mathbf{v}_{e} \] Zusammenfassen führt auf \[ \mathbf{j} = \frac{e^{2}n_{e}}{m \nu_{c}} \mathbf{E} \]

12.2.2 \(\mathbf{B} \ne \mathbf{0}\), \(\mathbf{u}=\mathbf{0}\)

Plasma bewegt sich mit Geschwindigkeit \(\mathbf{v}\) durch Magnetfeld. Wir addieren den Term \(\mathbf{v}\times \mathbf{B}\). \[ \mathbf{j} = \sigma_{0}(\mathbf{E} + \mathbf{v}\times \mathbf{B}) \] \[ \sigma_{0} = \frac{e^{2}n_{e}}{m \nu_{c}} \] \(\sigma_{0}\): Plasmaleitfähigkeit, Parallelleitfähigkeit

\[ \mathbf{E} + \mathbf{v}_{e} \times \mathbf{B} = - \frac{m_{e} \nu_{c}}{e} \mathbf{v}_{e} \] Erweitertes Ohmsches Gesetz \[ \mathbf{j} = \sigma_{0}\mathbf{E} - \frac{\sigma_{0}}{n_{e} e} \mathbf{j}\times \mathbf{B} \] Annahme: \(\mathbf{B} = B \hat{\mathbf{z}}\). Kreisfrequenz der Gyrationsbewegung ist vorzeichenbehaftet wegen \(q=-e\), womit \[ \omega_{g} = \frac{q B}{m} = -\frac{e B}{m_{e}} \] Dann ist \[ \mathbf{j}\times \mathbf{B} = \begin{pmatrix} +B_{z}j_{y} \\ -B_{z}j_{x} \\ 0 \end{pmatrix} \] Komponenten von \(\mathbf{j}\) \[ \begin{align} j_{x} & = \sigma_{0}E_{x} + \frac{\omega_{g}}{\nu_{c}} j_{y} \\ j_{y} & = \sigma_{0}E_{y} - \frac{\omega_{g}}{\nu_{c}} j_{x} \\ j_{z} & = \sigma_{0} E_{z} \end{align} \] Zusammengefasst: \[ \begin{align} j_{x} & = \frac{\nu_{c}^{2}}{\nu_{c}^{2} + \omega_{g}^{2}}\sigma_{0}E_{x} + \frac{\omega_{g}\nu_{c}}{\nu_{c}^{2} + \omega_{g}^{2}}\sigma_{0}E_{y} \\ j_{y} & = \frac{\nu_{c}^{2}}{\nu_{c}^{2} + \omega_{g}^{2}}\sigma_{0}E_{y} - \frac{\omega_{g}\nu_{c}}{\nu_{c}^{2} + \omega_{g}^{2}}\sigma_{0}E_{x} \\ j_{z} & = \sigma_{0}E_{z} \end{align} \] Dies ist ein System von Gleichungen \[ \mathbf{j} = \boldsymbol{\sigma} \mathbf{E} \] mit \[ \boldsymbol{\sigma} = \begin{pmatrix} \sigma_{P} & -\sigma_{H} & 0 \\ \sigma_{H} & \sigma_{P} & 0 \\ 0 & 0 & \sigma_{\parallel} \end{pmatrix} \] wobei \[ \begin{align} \sigma_{P} & = +\frac{\nu_{c}^{2}}{\nu_{c}^{2} + \omega_{g}^{2}}\sigma_{0} \\ \sigma_{H} & = -\frac{\omega_{g}\nu_{c}}{\nu_{c}^{2} + \omega_{g}^{2}}\sigma_{0} \\ \sigma_{\parallel} & = \sigma_{0} = \frac{n_{e}e^{2}}{m_{e}\nu_{c}} \end{align} \] Allgemein hat \(\mathbf{B}\) einen beliebigen Winkel bzgl. der Achsen des kartesischen Koordinatensystems. Dann gilt für die Stromdichte der Elektronen \[ \mathbf{j} = \sigma_{\parallel} \mathbf{E}_{\parallel} + \sigma_{P}\mathbf{E}_{\perp} - \sigma_{H} \frac{\mathbf{E}_{\perp} \times \mathbf{B}}{B} \]

Anisotropie der Leitfähigkeit von Plasmen in Abhängigkeit des Verhätnisses von Gyrations- zu Kollisionsfrequenz (nach Treumann & Baumjohann (2001))

Die Leitfähigkeit ist stark anisotrop, wenn \(|\omega_{g}| \approx \nu_{c}\). Für \(|\omega_{g}| < \nu_{c}\) dominiert die Pedersen-LF, da hier die Elektronen in Richtung des elektrischen Feldes gestreut werden, bevor sie in die Gyrationsbewegung übergehen. Für \(|\omega_{g}| > \nu_{c}\) erfahren die Elektronen eine \(\mathbf{E}\times \mathbf{B}\)-Drift für die Dauer mehrerer Gyrationszyklen, bevor Kollisionen auftreten. Die Hall-LF dominiert. Bei \(|\omega_{g}| \approx \nu_{c}\) werden die Elektronen etwa einmal pro Gyrationszyklus gestreut. Daher sind sowohl \(\mathbf{E}\times \mathbf{B}\)-Drift als auch Bewegung entlang des transversalen elektrischen Feldes gleichermaßen beteiligt. Pedersen- und Hall-LF sind etwa gleich groß. Dann bewegen sich die Elektronen im Mittel im Winkel von 45° bzgl. der Richtung des elektrischen Feldes und der Driftrichtung.

12.3 Parallelleitfähigkeit

Für die elektrische Stromdichte ergibt sich bei Abwesenheit eines Magnetfeldes bei Berücksichtigung von exponentialverteilten Stoßzeiten \(\tau\)

\[ \mathbf j_\| = \left( \frac{n_i \tau_i}{m_i} + \frac{n_e \tau_e}{m_e} \right) e^2 \mathbf E_\| = \sigma_0 \mathbf E_\| \]

mit der Parallelleitfähigkeit \(\sigma_0\).

Führt man mit \(\nu = 1 / \tau\) die Stoßfrequenz ein, so gilt

\[ \sigma_0 = \left( \frac{n_i}{m_i \nu_i} + \frac{n_e}{m_e \nu_e} \right) e^2. \]

Bei beliebiger Lage des elektrischen Feldes erhält man als Folge von Stößen und Drift

\[ \mathbf j = \sigma_0 \mathbf E_\| + \sigma_1 \mathbf E_\perp + \sigma_2 \frac{\mathbf B \times \mathbf E_\perp}{B} \]

Wie lauten \(\sigma_1\) und \(\sigma_2\)?

12.4 Pedersen- oder Transversalleitfähigkeit

Reine Gyrationsbewegungen liefern keinen Beitrag zur Leitfähigkeit. Aus der Newtonschen Bewegungsgleichung Gleichung 8.1 erhält man bei zeitlicher Mittelung

\[ m \nu \overline {\mathbf v} = q(\mathbf E + \overline{\mathbf v} \times \mathbf B) \] Für ein kartesisches Koordinatensystem mit \(\mathbf B = (0, 0, B)^\top\) und \(\mathbf E = \mathbf E_\perp\) gilt

\[ \begin{align} m \nu \overline{\mathbf v}_x & = q \mathbf E_\perp & + q B \overline{\mathbf v}_y \\ m \nu \overline{\mathbf v}_y & = & - q B \overline{\mathbf v}_x \end{align} \] Daraus gewinnt man

\[ \sigma_1 = \left( \frac{n_i \nu_i}{m_i(\nu_i^2 + \omega_{gi}^2)} + \frac{n_e \nu_e}{m_e(\nu_e^2 + \omega_{ge}^2)} \right) e^2 \]

12.5 Hall-Leitfähigkeit

\(\mathbf E_\perp\) erzeugt eine Drift in y-Richtung. Die Leitfähigkeit

\[ \sigma_2 = \left( -\frac{n_i \omega_{gi}}{m_i(\nu_i^2 + \omega_{gi}^2)} +\frac{n_e \omega_{ge}}{m_e(\nu_e^2 + \omega_{ge}^2)} \right) e^2 \] wird Hall-Leitfähigkeit genannt.

12.6 Leitfähigkeitstensor

\[ \mathbf j = \underline\sigma \mathbf E = \begin{pmatrix} \sigma_1 & -\sigma_2 & 0 \\ \sigma_2 & \sigma_1 & 0 \\ 0 & 0 & \sigma_0 \end{pmatrix} \mathbf E \]

12.7 Leitfähigkeit der Ionosphäre

In der Ionosphäre hängt die Leitfähigkeit über

  • die Ionen- und Elektronenkonzentration sowie die
  • Gyro- und Stoßfrequenz

von

  • der Höhe,
  • den geographischen Koordinaten,
  • der Tages- und Jahreszeit, sowie
  • der Stellung im Sonnenfleckenzyklus

ab.

Am wichtigsten für die Höhenabhängigkeit sind der Verlauf von \(n_i(h)\), \(n_e(h)\), \(\nu_i(h)\) und \(\nu_e(h)\).

Höhenabhängigkeit der Stoßfrequenz für Ionen und Elektronen in der unteren Ionosphäre in mittleren Breiten. Die gestrichelten Linien begrenzen die Dynamoschicht (aus (Kertz 1971)).

Die Leitfähigkeit parallel zum Magnetfeld nimmt mit der Höhe stark zu, da die Kollisionen mit dem neutralen Gas abnehmen. Die parallele Leitfähigkeit ist immer viel höher als die Leitfähigkeit senkrecht zum Magnetfeld. Tatsächlich ist die parallele Leitfähigkeit in der gesamten Ionosphäre so hoch, dass die Magnetfeldlinien in der Regel als Äquipotentiale des elektrischen Feldes betrachtet werden können.

Die Bewegung einer Klasse von geladenen Teilchen senkrecht zu den Magnetfeldern hängt vom Verhältnis der Kollisionsfrequenz \(\nu\) zur Kreiselfrequenz ab. Ist \(\nu > \omega_g\), so verhindern Kollisionen die Kreiselbewegung der Teilchen und die Teilchen bewegen sich in Richtung des elektrischen Feldes als Pedersenstrom. Wenn hingegen \(\nu < \omega_g\), so driften die Teilchen überwiegend senkrecht zum elektrischen Feld.

Das unterschiedliche Verhalten von Ionen und Elektronen führt zu drastischen Veränderungen der elektrischen Eigenschaften der Ionosphäre mit der Höhe. Typischerweise übersteigt die Kollisionsfrequenz die Kreiselfrequenz für Ionen als auch für Elektronen bis zu einer Höhe von etwa 70 km stark. Bis zu dieser Höhe dominieren die Parallel- und Pedersen-Leitfähigkeiten.

Oberhalb von etwa 70 km beginnen die Elektronen zu kreiseln und driften senkrecht zum elektrischen Feld, während die Ionen sich immer noch in Richtung des elektrischen Feldes bewegen. Dieser Richtungsunterschied ist die Grundlage für die Hall-Leitfähigkeit. Aus einem anderen Blickwinkel betrachtet: Ein neutraler Wind in dieser Höhe kann Ionen mit sich ziehen.

Die Elektronen stoßen viel häufiger mit dem neutralen Gas zusammen, können aber immer noch kreiseln. Folglich ändern sie sofort die Richtung und können nicht vom neutralen Wind mitgerissen werden. Dies führt zu einer Ladungstrennung.

Oberhalb von etwa 130 km Höhe beginnen auch die Ionen zu kreiseln und driften senkrecht zum Magnetfeld.

Da die Drift von Elektronen und Ionen in dieselbe Richtung keinen elektrischen Strom darstellt, führt dies zu einer starken Abnahme der Hall-Leitfähigkeit. Gelegentliche Kollisionen spielen auch oberhalb von 130 km noch eine Rolle, was zu einer erheblichen Pedersen-Leitfähigkeit führt, die mit zunehmender Höhe abnimmt.

12.7.1 Wie entstehen Pedersen- und Hall-Ströme?

Die Abbildung zeigt, welche Ladungsträger zu den Strömen beitragen: Mit Ausnahme des unteren Teils der gestrichelten Bereiches, in dem die Dichte der ionisierten Komponente zu gering ist, um einen nennenswerten Strom zu ermöglichen, gelten für die unteren zwei Drittel der Dynamoschicht die Werte \(\nu_{in} \gg \omega_{gi}\) und \(\nu_{en} \ll \omega_{ge}\).

In einer Höhe von etwa 100 km können die Elektronen bereits etwa hundert Kreiselumdrehungen machen, bevor sie mit Neutralgas zusammenstoßen und eine etwas eingeschränkte \(\mathbf{E}\times \mathbf{B}\)-Drift erfahren.

Die Ionen hingegen stoßen noch etwa hundertmal pro Kreiselzyklus mit Neutralgas zusammen und bewegen sich somit mit dem Neutralgas.

Durch die Bewegung der Elektronen quer zu den elektrischen und magnetischen Feldern wird also ein Hall-Strom übertragen. Am oberen Ende der Dynamoschicht, in etwa 125 km Höhe, werden die Ionenzyklotron- und Kollisionsfrequenzen vergleichbar und die Ionen sind nicht mehr perfekt an das Neutralgas gekoppelt.

Stattdessen bewegen sie sich in Richtung des elektrischen Feldes und tragen einen Pedersen-Strom, während sich die Elektronen weiterhin im rechten Winkel zu den Feldern bewegen und einen Hall-Strom tragen. Oberhalb der E-Region erfahren sowohl Elektronen als auch Ionen die gleiche \(\mathbf{E}\times \mathbf{B}\)-Drift und es fließt kein Strom.

12.7.2 Höhenabhängigkeit der Leitfähigkeit

Höhenabhängigkeit der ionosphärischen Leitfähigkeiten (aus (Kertz 1971))

12.7.3 Zahlenwerte

Verlauf der elektrischen Leitfähigkeit in der Ionosphäre (aus Treumann & Baumjohann (2001)).

12.7.3.1 Tagseite der Ionosphäre

\[ \begin{align} n_{e} & = 2 \times 10^{5} \text{ cm}^{-3} \\ \sigma_{peak} & = 10^{-3} \text{ S/m} \end{align} \]

12.7.3.2 Nachtseite der Ionosphäre:

\[ \begin{align} n_{e} & = 2 \times 10^{3} \text{ cm}^{-3} \\ \sigma_{peak} & = 10^{-5} \text{ S/m} \end{align} \]

12.7.3.3 Polarlichtregion

\[ \begin{align} n_{e} & = 10^{6} \dots 10^{7} \text{ cm}^{-3} \\ \sigma_{peak} & = 10^{-2} \text{ S/m} \end{align} \] Das Peak der Pedersen-LF beträgt etwa die Hälfte vom Peak der Hall-LF. Parallelleitfähigkeit \(\sigma_{\parallel}\) ist wesentlich größer und erreicht Werte von \(\sigma_{\parallel} = 10^{2}\) S/m. In F-Schicht und darüber wird der Wert eines voll ionisierten Plasmas erreicht und wird als Unendlich angenommen.

12.8 Der äquatoriale Elektrojet (EEJ)

Über dem magnetischen Äquator beobachtet man auf der Tagseite der Erde einen starken, östwärtsgerichteten elektrischen Strom.

Dieser Strom hat eine einfache Erklärung. Wir wählen ein rechtshändiges Koordinatensystem mit x positiv nach Norden, y ostwärts und z nach unten.

Ein zunächst ostwärts orientiertes elektrisches Feld erzeugt einen Hallstrom \(j_z = \sigma_2 E_y\). Dieser führt zu einer positiven Ladungsakkumulation an der Unterseite der E-Schicht und einer negativen Ladungsakkumulation an ihrer Oberseite. Dieser Prozess setzt sich fort, bis die sekundäre elektrostatische Polarisation den vertikalen Hallstrom kompensiert.

Zusammengefasst bedeutet das

\[ \begin{align} j_y & = \sigma_1 E_y - \sigma_2 E_z \\ j_z & = \sigma_1 E_z + \sigma_2 E_y \end{align} \]

Schematische Darstellung der Erhöhung der effektiven Leitfähigkeit am magnetischen Äquator. y-Achse nach magnetisch Ost (aus (Kertz 1971)).